Urlaubsanspruch trotz mehrerer Beschäftigungsverbote
von Christiane Dieckmann
Der Urlaubsanspruch einer angestellten Zahnärztin bleibt trotz mehrere Beschäftigungsverbote erhalten, so entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 20.08.2024 (Az.: 9 AZR 226/23).
Geklagt hatte eine angestellte Zahnärztin, die im Juli 2018 das erste Kind und im September 2019 das zweite Kind bekommen hatte. Aufgrund der Schwangerschaften sprach der Arbeitgeber der Angestellten, beginnend mit dem 1. Dezember 2018 jeweils ein Beschäftigungsverbot aus. Aufgrund dieser Beschäftigungsverbote, sich anschließendem Mutterschutz und Stillzeit konnte sie bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses am 31. März 2020 insgesamt zwei Jahre und vier Monate nicht arbeiten. Dennoch begehrt die Klägerin, die Abgeltung Ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2017 bis 2020.
Zu Recht, wie das BAG entschied. Nach dessen Auffassung hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass § 24 Satz 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) einem Erlöschen des Urlaubs entgegensteht. Nach § 24 MuSchG gelten bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs die Ausfallzeiten wegen eines Beschäftigungsverbots als Beschäftigungszeiten, d.h. die Arbeitnehmerin kann den Urlaub, den sie vor Beginn eines Beschäftigungsverbots nicht oder nicht vollständig erhalten hat, nach dem Ende des Beschäftigungsverbots im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen (§ 24 Satz 2 MuSchG). Die Vorschrift regelt somit eine Ausnahme vom Grundsatz des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BurlG), wonach der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt oder genommen werden muss.
Die Vorschrift des § 24 Satz 2 MuSchG knüpft ihre Rechtsfolge fortlaufend an das Ende eines jeden einzelnen Beschäftigungsverbots und hindert dadurch den Verfall auch solcher Urlaubsansprüche, die während mehrerer nahtlos aufeinander folgender Beschäftigungsverbote entstanden sind. Denn folgen mehrere Beschäftigungsverbote nahtlos aufeinander, kann die Arbeitnehmerin ihren – ggf. über mehrere Beschäftigungsverbote angesammelten - Urlaub nicht vor Beginn des letzten Beschäftigungsverbots „erhalten“. Die Arbeitnehmerin kann in diesem Fall ihren gesamten bis dahin aufgelaufenen Urlaub gem. § 24 Satz 2 MuSchG nach Ende des letzten Beschäftigungsverbots im laufenden oder im nächsten Kalenderjahr beanspruchen.
Dies gilt auch für sich anschließende aufeinanderfolgende Elternzeiten. Gemäß § 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) hat der Arbeitgeber den Resturlaub, den der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin vor Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten hat, nach der Elternzeit im laufenden oder nächsten Jahr zu gewähren. Dies gilt auch für nahtlos aufeinanderfolgende Elternzeiten.
Wichtig:
Prüfen Sie als Erwerber einer Praxis die bestehenden Arbeitsverhältnisse genau. Diese gehen mit dem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB auf Sie über. Dabei werden oftmals die Beschäftigungsverhältnisse der aufgrund eines Beschäftigungsverbots oder einer Elternzeit nicht anwesenden Mitarbeiter /-innen unzureichend geprüft und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen verkannt.