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Bundessozialgericht kippt die Freiberuflichkeit bei Notdienstvertretung durch Poolärzte

von Dr. Christina Thissen

Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich in einem aktuellen Urteil vom 24.10.2023 (Az. B 12 R 9/21 R) mit der Fragestellung der Sozialversicherungspflicht von sogenannten „Poolärzten“ befasst. Die Entscheidung wird sich nachhaltig auf die zentralisierte Notdienstvertretung in allen K(Z)V-Bezirken auswirken, wenn der Gesetzgeber nicht sehr kurzfristig eine Ausnahmeregelung für die kassen(zahn)ärztliche Notdienstvertretung nach dem Vorbild der Notärzte schafft.

Im vorliegenden Fall übernahm ein Zahnarzt regelmäßig Notdienste im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit der KZV Baden-Württemberg. Seine Tätigkeit wurde als selbständig und damit als nicht sozialversicherungspflichtig eingestuft. Hiergegen klagte der betroffene Zahnarzt.

Seine Vertretertätigkeit fand in Räumlichkeiten der KZV statt. Das Personal und Material, auf das er für die Behandlungen angewiesen war, wurden ihm vor Ort gestellt. Er teilte der KZV einmal im Quartal mit, welche Dienste er im Folgequartal übernehmen möchte. Die Dienste wurden sodann auf mehrere Poolzahnärzte aufgeteilt. Schichten durften untereinander getauscht werden, nicht aber auf externe Vertreter übertragen werden. Gegenüber den Patienten hatte der Pool(zahn)arzt nicht selbst abgerechnet, sondern wurde für seinen Einsatz auf Stundenlohnbasis vergütet.

Laut BSG bestimme sich der sozialversicherungsrechtliche Status für Tätigkeiten auch im (zahn)ärztlichen Bereich nach den Gesamtumständen des Einzelfalls. Besonderheiten des Vertrags(zahn-)arztrechts rechtfertigten keine abweichende Entscheidung. Das BSG sah beim Pool(zahn)arzt aufgrund der oben geschilderten Gesamtumstände kein nennenswertes unternehmerisches Risiko. Er sei zudem in die Strukturen der KZV eingebunden und auch weisungsgebunden - soweit nicht seine unmittelbare zahnärztliche Tätigkeit betroffen sei. Die Tätigkeit als Pool(zahn)arzt sei daher als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen.

Die oben geschilderte Ausgestaltung des Notdienstes entspricht dem Standard im Poolvertretungsmodell, so dass das Urteil nicht nur den zahnärztlichen Notdienst in Baden-Württemberg, sondern jeden zentralisierten ärztlichen und zahnärztlichen Notdienst im ganzen Bundesgebiet betreffen wird. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Poolarzt sind oder als solcher tätig werden wollen.

Dr. Christina Thissen
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht
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thissen@voss-medizinrecht.de

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